Stationsyacht Alice Roosevelt

"Alice Roosevelt" am Nordostkai:

Stationsjacht Stationsyacht Alice Roosevelt Wilhelmshaven

Am 11.09.1886 bei F.Schichau/Elbing als Torpedodivisionsboot D 1 vom Stapel gelaufen, stellte es am 01.05.1887 in Dienst. Bereits zwei Monate darauf erhielt das Boot die neue Kennzeichnung D 2. In den darauf folgenden Jahren wurde sie als Führerboot von Torpedobootsverbänden und als Stammschiff von Torpedobootsreservedivisionen eingesetzt. 

Ab 1901 erfolgte auf der Kaiserlichen Werft der Umbau zur Stationsjacht für die Marinestation der Nordsee, dabei erhielt das Boot achtern einen Aufbau sowie einen hellen Anstrich. Am 01.03.1902 erhielt es Namen "Alice Roosevelt", benannt nach der damals gerade 18jährigen Tochter des 26. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Theodore Roosevelt.

Warum das Boot diesen Namen erhielt, ist nicht hundertprozentig geklärt. Wahrscheinlich bestand ein Zusammenhang mit dem Stapellauf der Kaiserlichen Jacht Meteor III auf der New Yorker Werft Townsend & Downey am 25.02.1902, bei dem Alice Roosevelt die Taufpatin war. Die attraktive junge Dame führte ein für damalige Verhältnisse unkonventionelles Leben und scherte sich wenig um zeittypische Konventionen. Prinz Heinrich, des Kaisers Bruder und 1887 Kommandant des Bootes, der anlässlich der Schiffstaufe der "Meteor" in New York weilte, soll von der jungen Dame sehr angetan gewesen sein, war darüber hinaus vom Besuch in New York begeistert.

Vielleicht aber war die Namensgebung auch eine außenpolitische Geste gegenüber der gerade zur Weltmacht aufstrebenden USA.

In der Zeitschrift des Deutschen Flottenvereins "Überall" war 1902 folgendes zu lesen:

"Naturgemäß musste die neue Stationsyacht sich äußerlich wie innerlich in einem seiner Verwendung würdigen Kleide dem Auge präsentieren. Der Umbau wurde vom Torpedo-Ressort der Werft zu Wilhelmshaven unter persönlicher Leitung des Torpedodirektors, Korvettenkapitän Stromeyer, ausgeführt. Die künstlerische Ausgestaltung der Innenräume, speziell des Deckpavillons, ruhte in den Händen von Frau Korvettenkapitän Stromeyer, welche in dankenswerter Weise nicht allein die einzelnen Möbel, sondern auch sämtliche Arrangements, einschließlich der kunstvollen Kupferornamente und Beschläge, entworfen hat. Der bereits erwähnte Pavillon erhebt sich über dem Achterschiff, dicht hinter dem Turm beginnend und kurz vor dem Niedergang der Deckoffiziersmesse endigend. Er vereinigt sich in sich Empfangssalon, Speise- und Arbeitszimmer. Da in erster Linie auf praktische Unterbringung der Möbel und Raumgewinnung Rücksicht genommen werden musste, so ergab sich als äußere Form des Deckhauses die etwas nüchtern wirkende Gestalt eines länglichen Rechtecks mit leicht abgerundeten Ecken, dessen bester äußerer Schmuck in der eleganten Form der Seitenfenster liegt.

Die bis ins Kleinste sorgfältig durchgearbeiteten Möbel sind sämtlich in vornehm modernem Jugendstile gehalten, ohne jedoch die bizarren Auswüchse und grotesken ornamentalen Verirrungen des Letzteren an sich zu tragen. Jedes Stück Möbel ist den örtlichen Verhältnissen und der Umgebung genau angepasst. Überhaupt ist auf stilvolle Gruppierung und reiche Abwechslung von der Entwerferin besonderer Wert gelegt.

Eine bequeme Wendeltreppe, vor deren Eingang sich eine kunstvolle Balustrade befindet, führt aus dem Pavillon direkt in die Unterdeck-Räume, und zwar zunächst in die frühere Offiziersmesse, welche eine Art von Vestibül bildet, aus dem man auf Backbordseite in die geräumige Kammer Sr. Exzellenz, auf Steuerbordseite in zwei Kammern für das Gefolge gelangt. An Stelle der bisherigen Ingenieurskammer ist ein Baderaum eingerichtet. Der Wohnraum für den Kommandanten ist an seiner Stelle verblieben. Wie die Innenausstattung, so musste auch das Äußere des Bootes einen etwas mehr yachtmäßigen Anstrich erhalten. Der schmale, schräg nach hinten geneigte Schornstein musste einem voller gehaltenen weichen, dessen Oberteil aus einer schön ausgerun-deten kupfernen Krone bestand (…) Das gewölbte Achterdeck wurde abgeflacht, um neben dem Pavillon bequeme Laufstege und luftigere und hellere Innenräume zu erhalten. En blendend weißer Anstrich und eine dezente, vergoldete Bugverzierung reichten hin, um D 2 zu einer eleganten Yacht umzumodeln. 

Bei all diesen Arbeiten war jedoch stets darauf Rücksicht genommen, dass das Boot im Kriegsfalle in wenigen tagen seiner neuen Rüstung beraubt und seiner ursprünglichen Bestimmung als Torpedoboot wiedergegeben werden könnte.

Im März dieses Jahres war die neue Stationsyacht so weit fertiggestellt, dass diese dem Kaiser gelegentlich der letzten Anwesenheit in Wilhelmshaven von Sr. Exzellenz Admiral Thomsen, der sich von der Leistung der Werft voll befriedigt gezeigt hatte, vorgeführt werden konnte. Wenige Wochen später, nach der Rückkehr des Prinzen Heinrich von der Amerikareise, erhielt die neu gebackene Yacht zum Andenken an die glänzende Aufnahme, welche dem Bruder unseres Kaisers drüben zuteil geworden war, den Namen der jugendlichen Tochter des Präsidenten der Vereinigten Staaten: Alice Roosevelt."

 

Mit Kriegsausbruch 1914 wurde das Boot im August wieder in D 2 rückbenannt und der Hafenflottille der Jade und Weser zugeteilt.

Nach Kriegsende diente es ab Februar 1919 als Wohnschiff für die "Eiserne Flottille".

Am 07.12.1920 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde es 1921 abgewrackt.

Die Namensgeberin starb nach ereignisreichem Leben 1980, wenige Tage nach ihrem 96. Geburtstag.

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