Kronprinz Wilhelm

1920 - 1950 "Kronprinz" ; seit 1950 "Undine"

Verkehrsdampfer der Hochseeflotte und der Kaiserlichen Werft 1914 - 1918

"Undine", -ex "Kronprinz", -ex "Kronprinz Wilhelm", gilt als ältestes erhaltene Seebäderschiff Deutschlands.

Allerdings bedarf es schon auch einer gewissen Portion guten Willens, um den Dampfer diesen Status zu-zubilligen, denn tatsächlich ist nur noch der Schiffsrumpf erhalten.

Aber das Schiff war bis Anfang der 90er-Jahre im Dienst, in seinen "Jugendjahren" auch in Wilhelmshaven und hat insgesamt eine bewegte und spannende Geschichte hinter sich, die es verdient, ausführlich geschildert zu werden:

 

Im Herbst 1909 beauftragt der Rostocker Reeder und Kapitän Paul Mestermann die ortsansässige "Neptun Schiffswerft und Maschinenfabrik" mit dem Bau eines seegehenden Salon-Passagierdampfers für rund 500 Fahrgäste. Bereits im März 1910 läuft Baunr. 306 mit seinen 150 BRT, 34,50m Länge und 6,70m Breite vom Stapel und kann, angetrieben von einer 250 PS leistenden Zweizylinder-Verbunddampfmaschine, pünktlich zum Saisonbeginn seine Fahrten zwischen Rostock und Warnnemünde sowie zu den benachbarten Seebädern aufnehmen. Zwar ziehen Mestermann und sein Schiff wegen des Namens Spott auf sich - er sei für einen Bäderdampfer unangemessen und zudem fuhr unter der Flagge des Norddeutschen Lloyd ein seinerzeit sehr bekannter 15000 BRT-Schnelldampfer mit selbigen Namen - aber die Premierensaison verläuft erfolgreich.

Vor der Saison 1911 bekommt Mestermann Ärger: obwohl er die Länge seines neuen Schiffes extra hat begrenzen lassen, um an der sehr beliebten und belebten Warnemünder Flaniermeile "Alter Strom" problemlos an- und ablegen zu können, verweigert die Hafenbehörde einen Liegeplatz und verweist statt-dessen auf einen Platz am eher abgelegenen "Neuer Strom".

1912 ist der Dampfer an einer der größten zivilen Katastrophen an der Ostsee der Neuzeit verwickelt: nach Beendigung der Sommermanöver liegen am 28. Juli mehrere Linienschiffe der Marine in der Proraer Wiek vor Anker. Wohl über zehntausend Menschen flanieren auf der Binzer Promenade, um einen Blick auf die Schiffe zu erhaschen oder, noch besser, mit einem der zahlreichen, regelmäßig von der Seebrücke abfahrenden Ausflugsdampfern und Fischereibooten ganz nah an sie heranzukommen. Am späten Nach-mittag ist der vordere Bereich der Seebrücke mit den Anlegestegen völlig überlastet, als "Kronprinz Wilhelm" beim Anlegen gegen einen tragenden Balken prallt und dieser daraufhin bricht. Rund 100 Personen stürzen mit dem nachgebenden Brückenteil ins kalte Wasser. 17 Menschen ertrinken, nicht zuletzt, weil bis auf das Werfen von wenigen Rettungsringen keine weiteren lebensrettenden Maßnahmen eingeleitet werden können. Das Unglück gilt als Anlass zur Gründung der DLRG im darauffolgenden Jahr.

Kapitän Mestermann wird von jeglicher Schuld freigesprochen, das Schiff aber hat in Greifswald nun den Ruf eines Unglücksdampfers. Zudem ist das Fahrgastaufkommen geringer als in Rostock, wo man einsieht, dass die älteren, kleinen Dampfer das wachsende Urlauberaufkommen nicht bewältigen können, ein Schiff von der Größe des "Kronprinz Wilhelm" daher dringend benötigt wird und Mestermann daher wieder ein attraktiver, angemessener Liegeplatz versprochen wird. So kehrt der Dampfer im Frühjahr 1913 nach Rostock zurück, wo er eine sehr erfolgreiche Saisons absolviert.

 

Auch die Saison 1914 verläuft lange höchst erfreulich. Mit dem Kriegsausbruch aber brechen die Urlauber- und somit auch Fahrgastzahlen ein. Kapitän Mestermann stellt seinen Dampfer der Kaiserlichen Marine zur Verfügung - ein mehr als gleichwertiger finanzieller Ausgleich. Nach notwendigen Vorbereitungen am Schiff dampft "Kronprinz Wilhelm" einer Weisung entsprechend Ende August nach Wilhelmshaven.

Als Tender der Hochseeflotte bzw. ab 1917 der Kaiserlichen Werft transportiert Dampfer "K" Post, Proviant und Ersatzteile, befördert Urlauber, Kranke, Arrestanten und Werftarbeiter zu/von den auf Schilligreede liegenden Schiffen. Während der Marineunruhen im Sommer 1917 befördert der Dampfer mehrfach schwer bewaffnete Marineinfanteristen zur Festnahme von an den Protestaktionen beteiligte Matrosen. Die ganze Zeit über hat das Schiff eine zivile Besatzung unter dem Kommando von Kapitän Mestermann.

 

Nach dem Krieg nimmt der Dampfer wieder den normalen Seebäderdienst in Rostock auf. Die Saison 1919 war allerdings wenig befriedigend, auch die Saison 1920 verläuft für den im März 1920 in "Kronprinz" umbenannten Dampfer nicht zufriedenstellend. So kommt Kapitän Mestermann eine Anfrage zu einer speziellen Sonderfahrt sehr gelegen. Rund eineinhalb Jahre nach Ende des  Weltkrieges ist "Kronprinz"  erneut im patriotischen Auftrag unterwegs. Das Deutsche Reich musste den Bestimmungen des Versailler Vertrages nach große Gebiete an Nachbarstaaten abtreten, in einigen Gebieten Ost- und Westpreußens wurden Volksabstimmungen über die künftige Zugehörigkeit zu Deutschland oder Polen angesetzt. Zu diesem Anlass wird Mestermann und viele andere Kapitäne und Reeder beauftragt, mit einer Sonderfahrt nationalgesinnte deutsche Abstimmungsgehilfen nach Pillau zu befördern. Von hier aus fuhren die Passagiere weiter zu den Abstimmungsgebieten Marienwerder und Allenstein, wo sie sich als Neubürger registrieren ließen, um an den Abstimmungen teilnehmen zu können. Ende Juni 1920 befördert "Kronprinz" so 250, meist junge Abstimmungswillige nach Pillau.

 

In den folgenden Jahren ist der Dampfer im normalen Seebäderdienst, unternimmt Fahrten von Rostock nach Warnemünde, Heiligendamm, Graal, Müritz, Brunshaupten-Arendsee - dem heutigen Kühlungsborn - und auch Seefahrten zu den dänischen Inseln Falster und Mön. Außerhalb der Saisons unternimmt der Dampfer etliche Frachtfahrten, auch Viehtransporte entlang der Ostseeküste bis nach Dänemark.

Ende der 20er-Jahre zieht sich Paul Mestermann langsam zurück und übergibt das Reedereigeschäft an seinem Sohn Hans. Der Junior kann allerdings auch nicht verhindern, das das kleine Unternehmen in Folge der Weltwirtschaftskrise zunehmend in Schwierigkeiten gerät und schließlich vor dem Konkurs steht.

Im April 1932 geht "Kronprinz" im Rahmen einer Zwangsversteigerung in den Besitz des größten Rostocker Reeders Karl Cords über. Cords setzt den Dampfer auf den üblichen Routen ein. Allerdings passt das Fahr-gastschiff nicht in die auf Frachtschifffahrt spezialisierte Unternehmensstruktur und wird bereits Anfang 1934 wieder verkauft. Den Zuschlag erhält der Rostocker Kapitän und Reeder Paul Hahn. Er hat eine besondere Beziehung zum Kronprinzen: während der Kriegszeit fuhr er als Matrose auf diesem Schiff. Bis 1939 setzt er es mit Erfolg auf den üblichen Routen ein.

 

Bereits im Herbst 1939 wird "Kronprinz" zu seinem zweiten Kriegsdienst eingezogen und fährt nach den auf der Neptunwerft durchgeführten erforderlichen Umbauten ab Mai 1940 mit diesmal militärischer Besatzung im Vorposten- und Minenräumdienst. Paul Hahn wird zur Kriegsmarine eingezogen und fährt vor Norwegen auf einem entsprechend umfunktionierten Walfangboot im Geleitschutz.

Am 29. Juli 1943 wird "Kronprinz" bei einem schweren US-Luftangriff auf die Arado-Flugzeugwerke Warne-münde von einer Bombe getroffen. An Bord befindliche Munition verstärkt die ohnehin zerstörerische Wirkung der Bombe. Fünf Besatzungsmitglieder sterben sofort. Der lichterloh brennende Dampfer wird vom Kai in den Breitling geschleppt, einer Bucht an der Unterwarnow. Während die Aufbauten nahezu komplett zerstört sind, weisen die Maschinen- und Kesselanlagen erstaunlicherweise keine nennenswerte Schäden auf. Diese werden ausgebaut, überholt und in einen Schlepper der Hamburger Schleppreederei "Fairplay" eingebaut. Der ausgeschlachtete Rumpf der "Kronprinz" wird vor Rostock-Gehlsdorf in seichtem Wasser auf Grund gesetzt.

Paul Hahn kehrt kurz vor Ende des Krieges nach Rostock zurück, um hier seinen neuen Posten als Hafen-Kapitän anzutreten. Seinen zerstörten Dampfer kauft er noch in den letzten Kriegstagen von der Kriegsmarine für 2000 Reichsmark zurück. Hahn hat noch einen weiteren, fahrbereiten Dampfer in Besitz, der angesichts der heranrückenden Roten Armee zahlreiche Menschen nach Schleswig-Holstein und Dänemark bringt. Hahn selbst bleibt in Rostock, der Dampfer wird in Dänemark beschlagnahmt. Den völlig ungewissen Zukunftsaussichten zum Trotz will Hahn den "Kronprinz" wieder flott machen.

Allerdings wird das Wrack schon bald von den Sowjets beschlagnahmt. Die Marine macht es provisorisch wieder schwimmfähig und nutzt es als Abfalltender.

Hahn gelingt der Erwerb von zwei kleineren Fahrgastschiffen, mit denen er den Liniendienst Rostock - Warnemünde wieder aufnimmt. Gleichzeitig nimmt er mit den Sowjets Verhandlungen auf, um das "Kronprinz"-Wrack zurückzubekommen.

1948 geht der traurige Rest des einst schmucken Ausflugsdampfers an den alten Besitzer zurück. Paul Hahn beauftragt die Schiffswerft Otto Ludewig und die Bootswerft Heinrich Bölte mit dem Wiederaufbau zu einem zeitgemäßen Motor-Ausflugsschiff. Mit einem 3-Zylinder-Zweitaktmotor erhält das Schiff am 28. April 1950 den Meßbrief, am 10. Juni schließlich führt es unter seinem neuen Namen "Undine" eine erste Probefahrt durch. Schon bald darauf nimmt das Schiff planmäßige Fahrten zwischen Rostock und Warnemünde auf, im Jahr darauf dient es der Linie Wismar - Insel Poel.

Zwar erfreut sich "Undine" großer Beliebtheit bei Einheimischen und Urlaubern, allerdings entwickelt sich der Tourismus und mit ihm die Bäderschifffahrt zunächst - verständlicherweise - nur langsam. So kommt Hahn die nächste Aufgabe sehr gelegen.

Die Schifffahrt entlang der Ostseeküste wird auch Anfang der 50er-Jahre durch zahllose Wracks, Minen und anderen Hindernissen stark beeinträchtigt. Zwar wird 1952 der VEB "Schiffsbergung und Taucherei Stralsund" gegründet, allerdings gibt es kaum Schiffe, die befähigt sind, Bergungs- und Räumarbeiten durchzuführen. Hahn lässt die mit einer Schleppvorrichtung ausgestatteten "Undine" umbauen, zwei Jahre lang fährt das Schiff in der westlichen Ostsee als Schlepper, Bergungs- und Taucherschiff. Das Schiff hilft u.a. bei der Bergung von zwei Kümos, sechs Fischkuttern und einem U-Boot VII C.

1955 erfolgt der Rückbau zum Fahrgastschiff, auch der Motor wird ausgewechselt. Das Schiff wird nun von einem 300 PS leistenden 8-Zylinder-Viertakt-Dieselmotor angetrieben. Mit "Undine" geht es tagsüber auf Seefahrt zum dänischen Feuerschiff "Gedser Rev" in der Kadetrinne, in den Abendstunden auf kurze Lust-fahrten auf See, zudem stehen zahlreiche Sonderfahrten auf dem Programm.

Zum 1. Januar 1957 bildet sich mit dem VEB Fahrgastschiffahrt "Weiße Flotte" Stralsund ein mächtiger Konkurrent, der schon bald die beherrschende Stellung in der Fahrgastschifffahrt an der Ostsee einnimmt. Hahn erkennt die Zeichen der Zeit; zwar bleibt er Eigner von "Undine" und mithin Privatunternehmer, schließt aber eine Vertragspartnerschaft mit dem staatlichen Unternehmen.

Im August 1961 macht die DDR die Grenzen zur Bundesrepublik und nach West-Berlin dicht. Die See-grenzen bleiben hingegen zunächst noch offen und so manche Fluchtwillige nutzen die Ausflugsdampfer, um in den Westen zu gelangen. Insbesondere "Undine" mit seinen Fahrten zu "Gedser Rev" bietet sich als Fluchtmöglichkeit. Schließlich fährt das Schiff bis dicht an das dänische Feuerschiff und somit westliches Territorium heran. Noch im September springen Flüchtlinge über Bord, schwimmen zum Feuerschiff, dessen Besatzung die Menschen aufnimmt. Dann jedoch untersagen die zuständigen Behörden in der Folge Fahrten zum Feuerschiff und in die offene See, die Ausflugsschiffe durften nur noch dicht entlang der Küste fahren.

"Undine" fährt nun - von gelegentlichen Tanzfahrten in den Abendstunden abgesehen - vornehmlich Hafen-Rundfahrten auf der Strecke Rostock-Kabutzenhof - Warenmünde.

 

Im Mai 1971 stürzt Walter Ulbricht - als Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und Staatsratsvor-sitzender der mächtigste Mann der DDR - über die Frage der künftigen Außen- und Wirtschaftspolitik, hier insbesondere über die Fortführung der 1963 von Ulbricht eingeführten Reformen der Planwirtschaft. Diese gewährten den Betrieben eine größere Eigenständigkeit und den Fortbestand privatgeführter Unternehmen wie die Reederei Hahn. Ulbrichts Nachfolger Erich Honecker stoppt den Kurs und verkündet die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik", 1972 werden alle noch vorhandenen halbstaatlichen und privaten Unter-nehmen in volkseigene Betriebe umgewandelt bzw. überführt, die Reederei Hahn geht in "Weiße Flotte" auf. Der ob der Enteignung verbitterte Paul Hahn meidet in der Folge jeden Kontakt zum VEB und seinem alten Schiff bis zu seinem Tod 1980.

Am Einsatzgebiet ändert sich nichts. "Undine" fährt weiter rund um den Hafen, wesentliches ereignet sich in den Jahren bis zur Wendezeit 1989/90 nicht. Allerdings bekommt auch das Schiff die spätestens ab Anfang der 80er-Jahre zunehmenden wirtschaftlichen und finanziellen Probleme der DDR zu spüren und wird zu-sehend auf Verschleiß gefahren. Immerhin aber ist das Schiff häufiger im DDR-Fernsehen zu sehen, sei es in Unterhaltungssendungen oder in Filmproduktionen.

 

Mit dem Niedergang der DDR enden auch in die staatlichen Subventionen an die Reederei. Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der Bundesrepublik vor Augen bleibt dem VEB "Weiße Flotte" nur der An-schluss an die Förderreederei Seetouristik Flensburg" (FRS). Schnell wird klar, dass der neue Besitzer für die optisch und technisch verschliessene "Undine" keine Verwendung haben wird. Um das Schiff vor der Verschrottung zu retten, gründet sich in Rostock im April 1991 ein Förderverein. Mittlerweile hatte die FRS "Undine" für einen symbolischen Preis von 1 DM an Paul Hahns Witwe Meta verkauft, um so Ansprüche der Familie Hahn wegen der Enteignung zwei Jahrzehnte zuvor erst gar nicht aufkommen zu lassen. Frau Hahn war nun ihrerseits bereit, das Schiff für 50.000 DM an den Förderverein zu verkaufen. Da der kleine Verein das Geld nicht aufbringen kann, nimmt er das völlig unerwartete Hilfsangebot eines Dr. Robrock und seines Vereins "Schiffe der Arbeit" aus Hamburg an. Der angebliche Gynäkologe mit den scheinbar ausgezeich-neten Kontakten zu Banken und Verwaltung kaufte "Undine", taufte das Schiff wieder um in "Kronprinz" und ließ in Hamburg erste Teilinstandsetzungen durchführen. Im Mai 1992 kehrt das Schiff nach Rostock zurück, sogar Fahrten bis nach Kühlungsborn und Wismar konnten durchgeführt werden. Der Förderverein übernahm in Zusammenarbeit mit dem neuen Eigner die Bewirtschaftung.

Am 1. August kracht "Kronprinz" wegen eines Bedienfehlers an der Maschine beim Anlegen gegen die See-brücke Kühlungsborn. An sich keine allzu große Sache, auch wenn der Schaden an der Brücke durchaus beträchtlich ist. Am Schiff selbst entstand kein nennenswerter Schaden. In der Folge stellt sich jedoch heraus, dass das Schiff weder ordnungsgemäß versichert ist, noch das eine Ausschankgenehmigung und Gewerbegenehmigung für den gastronomischen Betrieb vorliegt. Die Seeberufsgenossenschaft untersagt sofort weitere Fahrten zu gewerblichen Zwecken. Das zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon angespannte Verhältnis des Fördervereins zum Schiffseigner angesichts finanzieller Unregelmäßigkeiten und wiederholt unberechtigten Anschuldigungen ist nun endgültig nicht mehr retten.

Zu Beginn des Jahres 1993 lässt der Eigner das Schiff wegen angeblicher Differenzen mit der Stadt Rostock nach Barth verlegen.Auf dem Weg dorthin läuft es in der Grabow südlich der Halbinsel Zingst auf Grund. Mehrfach misslingt der Versuch, das Schiff zu bergen. Da es mitten im Naturschutzgebiet Vorpom-mersche Boddenlandschaft liegt, veranlasst das Wasserstraßen- und Seefahrtsamt die Entsorgung des nun als Wrack gekennzeichneten Schiffs, Schadstoffe wie Treibstoff und Öle sollen sofort entfernt werden. Der Eigner wird dieser Aufforderung nicht nachkommen. Er kann es nicht.

 

Mitte März 1993 meldet das "Hamburger Abendblatt" die Verhaftung des Dr. Robrock. Bereits im Dezember 1990 wurde er wegen Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und verbotenen Waffenbesitz zu einer Haft-strafe von 4,5 Jahren verurteilt. Der Aufforderung zum Haftantritt im April 1991 kam er nicht nach.

In den kommenden Tagen stellt sich heraus: Die Hamburger Werft, die die Instandsetzungen durchgeführt hatte, wartete noch immer auf ihr Geld; die Reparatur an der Kühlungsborner Seebrücke war noch nicht bezahlt; das Schiff ist mit einer Hypothek von 400.000 DM belastet. Der Förderverein zieht die Notbremse und löst sich auf.

 

Erst im Januar 1995 gelingt Bergung auf Initiative des Geschäftsführers der Barther Schiffswerft. Das in den Monaten zuvor geplünderte und demolierte Wrack liegt nun zu mindestens sicher in der Werft.

Es folgen Jahre der Versuche, "Kronprinz" wieder flott zu machen. Ein in Barth gegründeter Förderverein lässt das Schiff entkernen und die Maschine überholen. Weitere dringend notwendige Maßnahmen, vor allem das Schiff aus dem Wasser zu holen und es an Land wieder aufzubauen, scheitern aber mangels Geld. Immerhin kann das Schiff in einem privat finanzierten und vom Marineschlepper "Dranske" (Y 1658) unterstützten Schlepptörn im März 2000 zurück nach Rostock zur Neptunwerft befördert werden. Im Juni wird es gar auf dem alten Gelände der Neptun-Werft an Land gesetzt. Ein im November gegründeter "Maritimer Interessenverbund UNDINE" veranlasst die restliche Entkernung des Schiffes, der Rumpf wird abgestrahlt und mit Korrosionsschutzfarbe versehen. Der Stand im Spätherbst 2001 lässt durchaus hoffen, der Barther Förderverein erarbeitet in Zusammenarbeit mit der Uni Rostock, einem Ingenieurbüro und dem "Institut für Maritime Wirtschaft" konkrete Pläne für den Wiederaufbau nach dem Erscheinungsbild des Dampfers in den 30er-Jahren. Im Herbst 2003 aber müssen diese Pläne mangels Finanzen und Nichtgenehmigung von ABM-Stellen ad acta gelegt werden. Als Notlösung wird "Undine" - dieser Name steht mittlerweile wieder auf dem Rumpf - nun als Landdenkmal ins Gespräch gebracht. Dieser Plan wird ebenso wenig realisiert wie die Vorstellung der Immobiliengruppe "Fundus", für ihr Grand Hotel Heiligendamm das Schiff in seinem ursprünglichen Bäderdampferstil wieder aufzubauen. Ein weiterer Förderverein wird gegründet, "Förderverein SOS Seebäderschiff Kronprinz ex Undine", ohne das dieser konkrete Ergebnisse erzielen kann.

Im Sommer 2006 muss "Undine" wieder weichen, da das alte Neptun-Areal bebaut werden soll. Der "Nautische Verein Rostock" regt an, den Schiffstorso zum Traditionsschiff Typ Frieden im Rostocker Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum am IGA-Park zu bringen. Der genannte neue Förderverein jedoch hat eine andere, scheinbar hoffnungsvolle Lösung parat: Die Dresdner Schiffswerft Laubegast möchte sich einen Namen als Bau- bzw. Instandsetzungswerft von Traditionsschiffen machen und bietet den Wieder-aufbau von "Undine" als Referenzobjekt an. Im Dezember wird der Schiffsrumpf schließlich nach Dresden überführt. Zwar stellt das Land Mecklenburg-Vorpommern Fördergelder in Aussicht, doch mangelt es an weiteren Sponsoren, um die veranschlagten Baukosten von über 4 Millionen Euro aufzubringen. Weitere acht Jahre vergehen ins Land, ohne das sich etwas positives tut. 

2014 holt der "Freundeskreis Maritimes Erbe Rostock e.V." den Rest des einst stolzen Dampfers erneut zurück. Seitdem liegt der Rumpf im Stadthafen, Zustand unverändert. Der Traum vom Wiederaufbau wird sich wohl nicht verwirklichen lassen. Offenbar besteht nun die Absicht, den Rumpf als technisches Denkmal auf dem alten Gelände der Neptunwerft aufzustellen, in Nähe des noch vorhandenen und unter Denkmal-schutz stehenden Portaldrehwippkrans PWK B 40.

Quellen:

Lange, Heinz: Die Rostocker Reederei Paul Hahn. Rostock, 2000

Rosentreter, Robert: "Kronprinz Wilhelm" - "Undine" - Das älteste deutsche Bäderschiff. Berlin, 1995

Das Nordlicht - Mitteilungsblatt Schiffahrtsgeschichtliche Gesellschaft Ostsee e.V. Diverse Ausgaben 1993 - 2008

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