10.06.04

Das neue Lotsenfahrzeug „Schillig“, das auf der hiesigen Marinewerft erbaut wurde, hat in diesen Tagen seine Motoren erhalten. Nachdem gestern die Krängungsversuche abgeschlossen wurden, wird mit den Erprobungsfahrten begonnen. Nach Abschluß aller noch erforderlichen Arbeiten und nach Indienststellung wird das Boot bei der ersten Einfahrt stationiert.

 

22.06.04

Zur Instruktion hinsichtlich des Honneurs gab die Marinestation der Nordsee an alle in ihrem Bereich stationierten Truppeneinheiten bekannt, dass Chauffeure Seiner Majestät des Kaisers zu ihrem Dienstanzug eine Schirmmütze mit silbernen, von schwarzen Adlern bestickten Streifen tragen. Befindet sich der Kaiser im Automobil, so sind die Streifen breit, im anderen Falle sind sie ganz schmal.

 

24.06.04

Hochrangigen Besuch nahm das Kommando der Nordseestation gestern in Empfang. Der bayrische Oberst Mülholtzer von Mühlholz auf Kirchenreinbach, Kommandeur des bayrischen Eisenbahn-Regiments, besichtigte auf Einladung der Festungskommandantur die hiesigen Küstenbefestigungen, Forts und Batterien.

 

24.06.04

Nach jüngster Bekanntmachung der Kaiserlichen Werft ist das Treideln mit Pferden sowie jeglicher Personen- und Wagenverkehr auf dem südlichen Leinpfade zwischen dem Deich und der Kronprinzenstraße verboten. Das Treideln von Schiffen durch Leute ist im Interesse der Schiffahrt jedoch bis auf weiteres gestattet.

 

26.06.04

Beim Neubau der Torpedokaserne wurde gestern der mächtige Bogen des Hauptportals im Rohbau fertiggestellt. Aus diesem Anlasse ist heute und in den nächsten Tagen dieser Eingang durch ein großes Marinebild mit der Unterschrift „Mit Gott für König und Vaterland. Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser“ geschmückt.

 

06.07.04

Der Bootsmannsmaat Joseph D. von der 2. Kompanie der 1. Torpedobootabteilung ist mit 200 Mk., die er aus der Menagekasse zur Bezahlung von Rechnungen erhalten hatte, flüchtig geworden. Er wurde gestern am späten Abend noch von zwei anderen Unteroffizieren seiner Kompagnie beim Wilhelmshavener Bahnhof gesehen.

 

13.07.04

Von der hiesigen Festungskommandantur ist eine neue „Dienstanweisung für die Marine-Arrestanstalt Wilhelmshaven“ erarbeitet und herausgegeben worden. Die Marineteile, Schiffe und Behörden können dieselbe zum Selbstkostenpreis von 1 Mk. Pro Stück von der Kommandantur beziehen. Die damit außer Kraft getretene Vorschrift stammte aus dem Jahr 1878.

 

24.07.04

Einen schlimmen Marsch bestanden gestern zwei Kompagnien des 2. Seebataillons. Bei tropischer Hitze – im Schatten 31 Grad, in der Sonne 42 Grad Celsius – fielen ganze Reihen von Soldaten aus. Mehr als ein Dutzend Soldaten mussten in die Kaserne getragen werden. Erfreulicherweise waren aber keine ernstlichen Erkrankungen zu konstatieren.

 

28.07.04

In letzter Zeit werden Beschwerden laut über die Arbeiter der Kaiserlichen Werft, die in dichten Massen nach Arbeitsende den Toren entströmen. Vor allem in der Marktstraße herrscht dann ein Gedränge, dass man ohne Püffe und Stöße seitens der nach Hause drängenden Arbeiter nicht davonkommt. Selbst Damen gegenüber wird keine Rücksicht genommen.

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Wie wir hören, hat die Kaiserliche Werft in Kiel reichlich 400 Arbeiter entlassen bzw. ihnen gekündigt. Weitere Entlassungen in geringerem Umfange sind schon angekündigt. Betroffen von den Entlassungen ist vor allem das Schiffbauressort. Von der hiesigen Kaiserlichen Werft wurden keine entsprechenden Meldungen bekannt.

 

30.07.04

Vorgestern abend wurden von einem Depotfeldwebel bei dem neu angelegten Fort „Altona“ bei Rüstersiel zwei Franzosen unter dem Verdacht der Spionage verhaftet und dem hiesigen Marine-Untersuchungsgefängnis überstellt. Die Verhafteten erklärten, sie befänden sich auf einer Vergnügungsreise. Der eine gibt an, ein Ingenieur, der andere, ein Weinbauer zu sein.

 

03.08.04

Gestern waren zehn Jahre verflossen, seitdem in Bant die Fußgängerbrücke über den Ems-Jade-Kanal im Zuge der Hafenstraße dem Betriebe übergeben wurde. Früher wurde der Verkehr durch einen Fährprahm der Kaiserlichen Werft bewältigt. Da aber namentlich im Winter häufig Verkehrsstörungen eintraten, musste die Gemeinde der Erbauung einer Brücke nähertreten.

 

09.08.04

Über die radfahrenden Postordonnanzen der hiesigen Marineteile wird häufig Klage geführt, dass sie mit wenig Rücksicht auf die Straßenpassanten ihren Weg bahnen. Seitens der Marinebehörden will man gegen solche Verstöße vorgehen, daher wird die Bevölkerung unserer Stadt gebeten, Rempeleien und sonstige Verkehrswidrigkeiten der Ordonnanzen zur Anzeige zu bringen.

 

16.08.2004

In die Heimat kehren morgen mit dem Dampfer „Schleswig“ sechs Offiziere und 148 Mann aus Südwestafrika zurück, wo sie ihr Leben und ihre Gesundheit für das Vaterland aufs Spiel gesetzt haben. Der Magistrat bittet die Bürger zu Ehren jener Braven, die hier zum ersten Male wieder deutschen Boden betreten, die Häuser zu beflaggen.

 

20.08.04

Es gelang einem Festgenommenen, den zwei Gendarmen dem Gefängnis in Bant zuführen wollten, seinen Häschern auf Wilhelmshavener Gebiet zu entfliehen. Zu seinem Pech lief er einer der Weges kommenden Marinepatrouille direkt in die Arme. Die Mariner übergaben des Flüchtling umgehend den atemlos herbeistürmenden Ordnungshütern.

 

23.08.04

Infolge Rohrbruchs und des damit verbundenen Wasserverlustes musste gestern die marinefiskalische Wasserleitung für einige Zeit gesperrt werden. Da die schadhafte Stelle bis heute noch nicht gefunden wurde, sollten sich die an der Wassernutzung beteiligten darauf einrichten, dass die Leitung erneut gesperrt wird, um mit einer Notversorgung den Marineteilen Wasser zukommen zu lassen.

 

26.08.04

Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg traf gestern Nachmittag mit dem Dampfer „Lachs“ von Wangerooge kommend, hier an der Nordmole ein. Sobald der Dampfer, der die oldenburgische Flagge führte, festgemacht hatte, ging der Großherzog, der Dragoner-Uniform trug, mit seiner Begleitung an Land, wo er vom Chef der marinestation der Nordsee, S. Exz. Admiral Bendermann, begrüßt wurde. Danach bestieg der Großherzog den bereitstehenden Sonderzug nach Rastede.

 

31.08.04:

Eine sehr seltene Auszeichnung für einen deutschen Soldaten erhielt der bei der II. Werftdivision dienende Heizer Adams. Ihm wurde, nach Genehmigung durch das Reichsmarineamt, vom französischen Kriegsministerium aus Anlaß seiner Teilnahme am Feldzuge in Tonkin als Fremdenlegionär die „Medaille coloniale“ verliehen.

 

03.09.04

Die Vorarbeiten zum Neubau des unserer Werft zugeteilten Linienschiffes schreiten rüstig voran. Von der großen Drehbrücke aus sieht man schon die Gerüste sich erheben. Infolge der seit einigen Jahren hier auf der Werft eingeführten Nietmaschinen wird die Arbeit so gefördert, dass das Schiff in acht bis neun Monaten von Stapeln laufen kann.

 

07.09.04

Die Frage, ob ein Bäcker alte Semmeln oder altes Brot dem Brotteig beimischen darf, verneinte das Amtsgericht in Wilhelmshaven jetzt. Ein Nahrungsmittelchemiker, der als neutraler Gutachter vom hiesigen Marine-Etablissement berufen war, erklärte anhand seiner Untersuchungen und auch einschlägiger Bestimmungen, dass bei solchem Handeln eine Nahrungsmittelfälschung vorliegt.

 

10.09.04

Falsche Gerüchte von der Mobilisierung des Seebataillons, die in der Stadt umlaufen, sorgen für viel Aufregung. Hintergrund für diese Gerüchte sind wahrscheinlich auf die Vornahme von Untersuchungen über eine höhere Ersatzstärke an Mannschaften im Kriegsfalle zurückzuführen. Von einer Mobilisierung der Truppe kann nicht die Rede sein.

 

18.09.04

Ein junger Unteroffizier des Oldenburger Regiments, der hier weilte, stellte einen Mariner zur Rede, der ihn nicht gegrüßt hatte. Der Mariner zog seine Taschenuhr und sagte: „Herr Unteroffizier, wissen sie nicht, dass es schon acht Uhr ist?“ Auf die Frage des Unteroffizier, was es mit dieser Antwort auf sich habe, sagte die Blaujacke trocken: „Marinesoldaten haben nur bis acht Uhr abends zu grüßen“. Der Unteroffizier ging schweigend von dannen.

 

23.09.04

Das Maschinenhaus der elektrischen Zentrale der Kaiserlichen Werft ist, soweit das aus schweren eisernen Trägern zusammengesetzte Gerippe in Frage kommt, fast fertig. Zur Ableitung des Feuerungsrauches wird ein Schornstein aufgerichtet, der mit der stattlichen Bauhöhe von 60 Metern unsere Kirchtürme überragen wird. Bei einem Umfang von mehr als 20 Metern wird dieser Schornstein der höchste in der Stadt und Umgebung werden.

 

01.10.04

Mit dem heutigen Tage werden dienstältere Mannschaften der II. Werftdivision für kürzere Zeit in privateigene Quartiere untergebracht, und zwar im „Seemannshaus“, im „Rheinischen Hof“ und im „Kyffhäuser“. Die Ausquartierungen mussten erfolgen, um Raum für die morgen eintreffenden Rekruten in den Kasernen zu schaffen.

 

07.10.04

Der Staatssekretär im Reichs-Marineamt ordnete gestern die Wiedereinführung der zehnstündigen Arbeitszeit im Schiffbauressort auf den Kaiserlichen Werften an. Die letzthin ausgesprochenen Kündigungen auf der kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven werden nach dieser Anordnung zurückgenommen. Der Arbeitsmangel gilt als beseitigt.

 

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Sehr starker Güterverkehr herrscht derzeit auf der Strecke Wilhelmshaven-Oldenburg. Jeden tag kommen hier Güterzüge mit 300 Achsen an und gehen ebenso viele leer von hier ab. Befördert wird hauptsächlich Ausrüstung, Munition und sonstiges Material, das hier für unsere Truppen in Südwest-Afrika zur Verladung kommt.

 

08.10.04

Das Kommando der Marinestation der Nordsee gibt bekannt, dass der Vertrieb von Drucksachen und anderen Waren auf Veranlassung von Zivilpersonen durch Unteroffiziere und Mannschaften der Marine in den Kasernen verboten ist. Unteroffiziere und Mannschaften ist befohlen, ihren Vorgesetzten zu melden, wenn seitens Zivilpersonen Aufforderungen zum Vertrieb von Drucksachen und Waren an sie ergehen.

 

09.10.04

Ein außergewöhnlich starker Paketverkehr macht sich zur Zeit beim hiesigen Postamte bemerkbar. Die ankommenden Paketpostwagen sind fast übermäßig voll beladen. Die außergewöhnliche Steigerung des Paketverkehrs ist wohl auf die Weihnachtssendungen für unsere Truppen in Südwest-Afrika zurückzuführen, deren Post von hier mit Schiffen weiterbefördert wird.

 

18.10.04

Auf der kaiserlichen Werft wird auf der Helling, die für den Bau des neuen Panzerschiffes vorgesehen ist, eine Pressluftanlage zum Betrieb der neuen pneumatischen Werkzeuge eingerichtet. In dem Kesselhaus des neuen elektrischen Kraftwerkes hat man gestern mit der Montage der drei von der Deschimag gelieferten Dampfkessel begonnen.

 

21.10.04

Ein unfreiwilliges Bad nahmen gestern zwei Knaben, die sich am Kanal in Nähe des Banter Hafens prügelten. Ein hinzukommender Matrose, der den Streit der beiden schlichten wollte, griff schließlich zum letzten Mittel und schubste die beiden Streithähne die Kanalböschung hinab ins Wasser. Danach half er den merklich Abgekühlten ans Land

 

25.10.04

Zum Besten des projektierten Kaiser-Friedrich-Denkmals hatten sich gestern abend die Kapelle des 2. Seebataillons und das Ensemble des Wilhelmshavener Stadttheaters in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt. Umrahmt von der Musik der Kapelle führte das Stadttheater zwei lustige Einakter auf. Ein flotter Ball schloß die Veranstaltung, die 127 Mk. In die Denkmalskasse brachte.

 

26.10.04

Täglich sammelt sich eine große Menge an Zuschauern am Kanal, um das Fortschreiten des Hafenneubaus zu verfolgen. Besonders die Tätigkeit der beiden großen Bagger erregt das Interesse der Menge. Der Durchstich des Kanaldeiches ist erfolgt. Das um das Bassin gelegene Gelände steht ganz unter Wasser, selbst die Kantine wird an einem Ende vom Wasser umspült.

 

29.10.04

Unruhe verbreitete sich gestern in unserer Stadt und den Nachbarorten im Amte Rüstringen. Es ging das mit großer Bestimmtheit verbreitete Gerücht um, auf dem Linienschiff „Wörth“ habe eine Kesselexplosion stattgefunden, bei der mehrere Menschen getötet worden seien. Von uns sofort angestellte Nachforschungen beim Flottenkommando ergaben, dass kein Wort an dem Gerücht wahr ist.

 

30.10. 04

Als barmherzige Samariter erwiesen sich am gestrigen Nachmittag zwei Matrosen, welche an der Ecke Viktoria- und Kielerstraße ein junges Mädchen auffanden, das unterwegs von ihrer schwersten Stunde überrascht worden war. Die Matrosen brachten die Hilflose mittels Droschke in das Städtische Krankenhaus, wo sie einem gesunden Knaben das Leben schenkte.

 

26.11.04

Die feierliche Vereidigung der November-Rekruten wird am 29. November wird am 29. November d. J., 12 Uhr mittags, im Exerzierhause des 2. Seebataillons stattfinden. Es werden 1000 Mann vereidigt. Die Vereidigung nimmt der Gerichtsoffizier der 2. Torpedoabteilung vor. Die Musik stellt das 2. Seebataillon. Seine Exzellenz, der Herr Stationschef, wird der Vereidigung beiwohnen.

 

29.11.04

Nunmehr ist der Dachstuhl der Torpedokaserne in seiner ganzen Ausdehnung aufgerichtet und zum größten Teil gedeckt. Von einem besonderen Richtfest ist Abstand genommen worden, statt dessen wurde den Leuten für einen Tag der doppelte Lohn gezahlt. Wir meinen, dass dies eine nachahmenswerte Anordnung ist.

 

02.12.04

Die Arbeiten am neuen Torpedohafen nähern sich dem Abschluß des ersten Bauabschnittes. Der alte Deich, der neben dem erweiterten Kanalbacken (neue Garnisionschwimmanstalt) und dem Kanal lag, ist durch den großen Eimerbagger bereits fortgeräumt. Der neue Seedeich wird zusehends länger und höher, und es ist nur noch eine kurze Strecke bis zur Banter Ruine herzurichten.

 

11.12.04

Vor dem Kriegsgericht Wilhelmshaven wurde gestern gegen den Sergeanten K. vom 2. Seebataillon wegen unvorschriftsmäßiger Behandlung von Untergebenen verhandelt. K. hatte einigen unaufmerksamen Seesoldaten beim Antreten einige leichte Stöße versetzt. Das Urteil lautete auf zwei Wochen gelinden Arrest.

 

13.12.04

„Endlich!“, werden unsere Geschäftsleute erleichterten Herzens ausrufen, wenn morgen reges Leben und Treiben in unserem öden und einsamen Hafen einzeihen wird. Nicht weniger als fünf unserer gewaltigsten Kriegsschiffe treffen am morgigen Tage in Wilhelmshaven ein. Die Panzerschiffe werden für längere Zeit auf der Kaiserlichen Werft einer Winterreparatur unterzogen.

 

17.12.04

Am Sonnabend, dem 24. Dezember, wird auf der Kaiserlichen Werft ohne Mittagspause bis 2 Uhr 10 Minuten durchgearbeitet. Die an der zehnstündigen Arbeitszeit fehlenden Stunden werden denjenigen Arbeitern mit durchweg voller Arbeitszeit, die am 24. d. M. bis 2 Uhr 10 Minuten gearbeitet haben, ohne Lohnabzug freigegeben. Weitere Regelungen folgen.

 

27.12.04

In Kiel wird seit tagen die Schauermär verbreitet, dass der Marineleutnant von Wittgenstein unter geheimnisvollen Umständen verschwunden sei. Dem gegenüber stellen wir fest, dass der zur 2. Marine-Inspektion gehörige Leutnant z.S. von Wittgenstein seitens der genannten Inspektion seit dem 21. Dezember bis 12. Januar 1905 hierher nach Wilhelmshaven beurlaubt ist.

 

28.12.04

Der Druckfehlerteufel hat uns gestern einen üblen Streich gespielt, als er in unserem Bericht aus der „Beschädigung“ des Ruders SMS „Elsaß“ eine „Beschießung“ des Ruders von SMS „Elsaß“ machte. Hoffentlich bleibt unserer Kaiserlichen Marine eine „Beschießung“ von SMS „Elsaß“ für immer erspart!

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